Hunger, Durst – der Reisetag in den Osten schreit nach Vergeltung. Wir brechen nach Bezug der Gästehütte direkt wieder auf, wollen futtern bis die Schwarte kracht und Islands Küche auf Herzchen und Nierchen testen – auch wenn es die hier gar nicht auf den Menüs gibt.
Im Gistihúsið Egilsstöðum werden wir fündig. Die alte Luxusherberge von 1903 erinnert einen beim ersten Anblick an den Zauberberg. Statt Bergen gibt es eine See. Die alten knarzigen Möbel sind hübsch anzusehen und hätten Hans Castorp sicherlich ebenso aufs Gemüt geschlagen.
Einrichtung und Beleuchtung könnte aber auch einem US-amerikanische Salon aus der Zeit der Jahrhundertwende entsprungen sein. Auch die Menschen passen dazu, zumindest der eine Typ, der mit Tuch, Seidenweste und den ultimativen Koteletten die Hauptrolle in einem Western spielen könnte. Ohnehin erinnert uns das, was wir auf der Insel sehen, immer wieder an die USA.
Nordamerikaner müssen sich hier heimisch fühlen, wahlweise in einem Urlaub in den Bergen von Colorado, in der Tundra des Nordens, den Weiten des mittleren Westen, oder auf den Farmen von Texas (mit Schafen statt Kühen, aber Pferden und Cowboys). Dazu die Jeeps und anderen geländegängigen Vehikel. Wem das noch nicht zum Vergleich reicht: In den Restaurants steht immer stilles Wasser auf den Tischen, Kaffee gibt es üblicherweise als Refill. Hot-Dogs, Burger und Steaks sind Staatsnahrung, die Supermärkte sind voll mit entsprechenden Brötchen, Würsten und gefrorenen Hackfleischplatten.
Hier aber, in Castorps Western-Idylle am Lagarfljót, ist Fine Dining angesagt. Wer kein Smoking trägt ist auch willkommen. Und das ist Anlass genug, erneut eine Lanze für die Preise in Island zu brechen.
Erstes Beispiel Lobstersüppchen: das schlägt mit 16 Euro zu Buche. Das T-Bone-Steak bringt es auf 35 Euro, das Panna cotta aus Skýr, dem isländischen Joghurt, auf 11 Euro. Wer der ebenfalls dreigängigen Menü-Empfehlung des Hauses folgt, kommt mit 50 Euro etwas günstiger weg. Zu teuer? Keineswegs, wie eine Auswahl heimischer Speisekarten aus vergleichbaren Restaurants belegt:
Hier werden Birnen mit Birnen verglichen. Und wie ist es mit den Äpfeln? Gehen wir ins Diner, sagen wir neben der N1 in Egilsstaðir, zahlen wir für ein Ostborgari-Menü, also einen Cheeseburger mit Fritten und Salat, 1500 Kronen, also etwas mehr als neun Euro.
Lediglich beim teuren, alten Freund, dem Alkohol, sehen die Preise im Land anders aus als etwa in Deutschland. Vor allem beim Bier fällt es auf, des Deutschen Nationalgebräu und entsprechend erschwinglich. Ein Glas (30 oder 50 cl) in der Kneipe kostet hier im Schnitt fünf bis sieben Euro.
Schauen wir zum Wein, etwa dem fabelhaften Gewürztraminer, den wir gerade in Egilsstaðir trinken. Die Flasche mit 0,7 Litern hat 5700 Kronen gekostet, also 35 Euro. Davon sind schon einmal 1150 Kronen Mehrwertsteuer, die hier im Land außer bei Lebensmitteln 25,5 Prozent beträgt. Dann schlägt noch die Alkoholsteuer zu Buche: Jedes Prozent Alkohol ab 2,25 Volumenprozent wird hier pro Liter besteuert. Im Fall vom Wein sind das 68,31 Kronen pro Prozent und Liter, ergo kassiert der Staat für dieses Fläschchen 466,22 Kronen.
Damit bleiben unterm Strich 4084 Kronen, also 25 Euro. Davon muss noch der Import aus dem Elsass bezahlt werden, und das Restaurant braucht eine entsprechende Marge, um Löhne etc. zu bezahlen, und es will am Ende, wenn alles gut läuft, noch einige Prozent Reingewinn mit dem Produkt machen.
Also: Alles im grünen Bereich.